Daten zum Modell
Datum | 17.02.2012 |
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Ort | St. Franziskus-Hospital Münster |
Interviewpartnerin | Dr. Simone Gurlit, Oberärztin – Leitung Geriatrieteam |
Themenkategorie | „Neue Arbeitsteilung und Prozessgestaltung“ |
Maßnahme | Altenpflegerinnen betreuen Patienten mit kognitiver Einschränkung |
Name des Krankenhauses
Anschrift | St. Franziskus-Hospital Münster Hohenzollernring 72 48145 Münster |
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Klinikleitung | Geschäftsführung Dipl.-Kfm. Burkhard Nolte Ärztlicher Direktor Prof. Dr. med. Michael Möllmann Pflegedirektor Leonhard Decker Verwaltungsdirektor Dr. rer. pol. Ansgar Klemann |
Webseite | www.sfh-muenster.de |
Ansprechpartnerin der Maßnahme | Dr. Simone Gurlit simone.gurlit@sfh-muenster.de |
Struktur- und Leistungsdaten
Zahl der vollstationären Planbetten | 562 |
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Anzahl der ärztlichen MitarbeiterInnen | ca. 270 |
Gesundheits- und KrankenpflegerInnen | |
Gesundheits- und KinderkrankenpflegerInnen | zusammen ca. 630 |
Projektmotivation/-vorbereitung
Ausgangslage
- Seit 2003 Regelversorgung von kognitiv beeinträchtigten PatientInnen perioperativ durch drei AltenpflegerInnen (Projekt wurde initiiert durch eine Anästhesistin). Dieses Angebot erlaubte eine schonende Anästhesie und führte zu einer Reduktion der Delirrate. Weitere Faktoren für ein Delir wie der Grad kognitiver Einschränkungen und demenz- /depressionsbedingter Verhaltensauffälligkeiten vor dem KH-Aufenthalt, der Verlust von alltagspraktischen Fähigkeiten durch fremde Umgebung und erzwungene Untätigkeit wurden in einem weiteren Projekt aufgegriffen.
Planungen im Vorfeld
- Kooperation mit einer Vergleichsklinik
An der Planung beteiligte Berufsgruppen/Personen
- Klinik für Anästhesie, AltenpflegerInnen
Externe Projektförderung
- Im Rahmen des Leuchtturmprojektes Demenz durch das Bundesministerium für Gesundheit
Projektumsetzung
Ziele
- Verbesserung der Versorgungsqualität, frühestmögliche Entlassung, „heim statt Heim“, Sensibilisierung in der gesamten Klinik für die Bedürfnisse von Menschen mit kognitiven Einschränkungen.
Zielgruppe
- PatientInnen älter als 65 Jahre, mit kognitiver Einschränkung, welche unfallchirurgisch mittels einer Operation behandelt werden müssen
Elementare Konzeptbestandteile
- Geriatrieteam bestehend aus fünf weitgehend selbständig arbeitenden AltenpflegerInnen – der Klinik der Anästhesie zugeordnet – Testung der über 65-jährigen PatientInnen mittels Minimental- und Uhrentest – Interdisziplinäre Arbeitsweise, Einbindung von Physiotherapie, Schmerztherapie, haushaltsnahen Dienstleistungen nach der Entlassung
Verfahren
- Screening auf kognitive Einschränkungen bei Aufnahme und Entlassung aller unfallchirurgischen NotfallpatientInnen mit Fraktur, die älter als 65 Jahre sind durch AltenpflegerInnen – Fallbesprechungen auf den Stationen, zweimal die Woche – intensive Betreuung der PatientInnen durch das Geriatrieteam perioperativ und auf den Stationen – Organisation von hochfrequenter Physiotherapie nach Entlassung
Anfängliche Akzeptanz
- Der Einsatz der Altenpflegerinnen in der perioperativen Begleitung von Menschen stieß anfangs auf Skepsis der Ärzteschaft. Die erweiterte Tätigkeit des Geriatrieteams auf den Stationen führte zu Beginn zu einer Konkurrenzsituation mit den dort tätigen Gesundheits- und KrankenpflegerInnen.
Projektverlauf
- Das Projekt konnte wie geplant etabliert werden.
Projektdauer
- 2008 bis 2010
Projektgruppe
- AltenpflegerInnen, Oberärztin der Anästhesie
Projektbeurteilung
Ausgangsanalyse
- Die Patientendaten der Jahre 2003 bis 2008 wurden als Ausgangsanalyse herangezogen.
Evaluation der Maßnahme
- Medizin-ökonomische Kosten-Nutzen-Analyse
Evaluationsergebnisse
- Durch Liegezeitverkürzung werden die zusätzlichen Personalkosten überkompensiert. Nach hüftgelenksnaher Fraktur: – Mortalitätsrate bei PatientInnen mit Betreuung niedriger (3,25% (betreut) versus 12.12% (nicht betreut)) – Verweildauer niedriger (15,6 Tage (betreut) versus 20,3 Tage (nicht betreut)) – kognitive Verbesserung zur Entlassung (78,15% (betreut) versus 58,62% (nicht betreut) – weitere kognitive Verbesserung nach 6 Monaten (40,4% (betreut) versus 20% (nicht betreut).
Zielerreichungsgrad
- Die Ziele wurden überwiegend erreicht.
Übernahme der Maßnahmen in die Regelversorgung
- Ab 2010 werden hochaltrige PatientInnen bei elektiven Operationen und in Notfallsituationen auf kognitive Einschränkungen getestet. Bei Auffälligkeiten werden sie vom Geriatrieteam bis zur Entlassung betreut.
Rückblickend besonders erfolgreich/gelungen
- Sensibilisierung für das Thema bei allen Berufsgruppen – die Berufsgruppen haben sich gegenseitig befruchtet – Etablierung einer neuen Berufsgruppe – Betreuungskontinuität ist gewährleistet.
Rückblickend anders machen
- Die Pflegedirektion sowie weitere Angehörige der Berufsgruppe der Pflegenden hätten frühzeitiger in den Veränderungsprozess einbezogen werden können.
Förderliche Faktoren
- Unterstützung durch den Chefarzt der Anästhesie und der Geschäftsführung – dadurch, dass das Betreuungsangebot ärztlich initiert worden ist, konnte der ärztliche Dienst leichter in die Veränderungsprozesse einbezogen werden.
Hemmende Faktoren
- Die interdisziplinäre Zusammenarbeit musste erst entwickelt werden; dies gilt sowohl für die Zusammenarbeit im OP, wo die AltenpflegerInnen eine neue Berufsgruppe darstellen als auch zwischen der Gesundheits- und Krankenpflege und der Altenpflege.
Eingeführte Maßnahme
Größte Auswirkung
- Sensibilisierung für das Thema im gesamten Haus ist gestiegen, Anschlussprojekte sind geplant.
Publikation der Maßnahme
- www.sfh-muenster.de/de/pflege-begleitung/geriatrische-betreuung-bei-operationen.html
- www.klinikum-augsburg.de/index.php/fuseaction/download/lrn_file/vortrag-gurlit-altersdelir.pdf
- www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/dateien/Publikationen/Pflege/Berichte/Leuchturmprojekt_Demenzt.pdf
- Gurlit S., Möllmann M.
How to prevent perioperative delirium in the elderly?
Z Gerontol Geriatr 2008; 41 (6): 447-52 - Hug, N.
Intradisziplinare Zusammenarbeit zwischen beruflicher Altenpflege und Gesundheits- & Krankenpflege im Akutkrankenhaus. Erfahrungen beteiligter Akteure vor dem Hintergrund eines „Leuchtturmprojektes Demenz“.
Magisterarbeit; Institut für Pflegewissenschaft, Medizinische Fakultät der Privaten Universität Witten/Herdecke gGmbH; 2009