Anpassungsqualifizierung für Gesundheitsberufe

Die UKE-Akademie für Bildung und Karriere (ABK) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) bietet zugewanderten Menschen die Möglichkeit einer Anpassungsqualifizierung (APQ). Ziel ist die volle Anerkennung der internationalen Berufsabschlüsse und die qualifizierte Beschäftigung im erlernten Beruf in Deutschland.

Datum:

09.10.2019

Ort:

UKE-Akademie für Bildung und Karriere

Interviewpartner:

Doris Thömen-Suhr

Themenkategorie:

„Neue Arbeitsteilung und Prozessgestaltung“

Maßnahme:

Anpassungsqualifizierung für Gesundheitsberufe mit internationalen (noch nicht anerkannten) Berufsabschlüssen

Projektanlass
Das Hamburger IQ-Teilprojekt (Integration durch Qualifizierung: Bundesförderprogramm mit Mitteln des Bundes und der EU/ESF) der „Anpassungsqualifizierungen für Gesundheitsberufe“ bietet zugewanderten Gesundheitsfachkräften eine Qualifizierung, um eine volle Anerkennung ihres ausländischen Berufsabschlusses zu erreichen. Die UKE-Akademie für Bildung und Karriere (ABK) des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf unterbreitet dabei als Projektpartner aktuell mehr als 100 zugewanderten Menschen jährlich die Möglichkeit einer Anpassungsqualifizierung (APQ). 2019 sind mit finanzieller Unterstützung durch Kofinanzierung durch die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) 50 zusätzliche Fachkräfte der Gesundheits- und Krankenpflege Zielgruppe des Förderprogramms IQ, deren internationalen Berufsabschlüsse in Deutschland zuvor teilweise anerkannt wurden. Ziel ist die volle Anerkennung der Berufsabschlüsse und die berufliche Integration der Teilnehmenden in den Arbeitsmarkt.

Projektumsetzung
Vor Start der Qualifizierung bietet eine initiale Kompetenzeinschätzung im Rahmen eines Informationstages den Ausgangspunkt für eine individuelle Kriterien-geleitete Kompetenzenzwicklung innerhalb der Anpassungsqualifizierung. Die Ergebnisse der Kompetenzeinschätzung fließen ggf. ergänzend in den Bescheid über die teilweise Gleichwertigkeit ein. Die Kooperationsbeziehung zwischen zuständiger Stelle der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) und dem APQ-Team des UKE ist eng. Für die Anpassungsqualifizierung ist ab 2020 ein Zeitraum von insgesamt 8 Monaten und eine Präsenzzeit von mindestens 30 Wochenstunden sowie Selbststudienzeiten geplant. Sie findet überwiegend in der stationären, ambulanten sowie klinischen Praxis an verschiedenen Einsatzorten innerhalb und außerhalb des UKE statt. Die APQ wird überwiegend beschäftigungsbegleitend angeboten.

Das Konzept der APQ reagiert betriebsnah und arbeitsmarktbezogen flexibel auf individuelle Qualifizierungsbedarfe und Qualifizierungsmöglichkeiten in den Gesundheitsberufen. Die Maßnahmen und Interventionen zielen darauf ab, dass die Teilnehmenden auf der Grundlage bereits vorliegender und in der APQ erworbener Kompetenzen handlungssicher und zunehmend prozessorientiert in ihren jeweiligen Arbeitsfeldern agieren können. Auch die Arbeitgeber werden dabei vom APQ-Team unterstützt, ihre Beschäftigten im Anerkennungsverfahren beruflich, sprachlich und fachlich zu integrieren (etwa durch interkulturell- und sprachsensibilisierende Workshops sowie ad hoc durch Impulsinterventionen). Insbesondere werden die Praxisanleiter*innen des AG durch das APQ-Team geschult und vor Ort in gemeinsamen Anleitungen der TN supervidiert.

Praxisbegleitend steht allen Teilnehmenden - neben sprachsensibilisierten Fach- und Kommunikationsworkshops, der Bearbeitung und Reflexion von Lern- und Praxisaufträgen, Praxisanleitungen bzw. Performance Assessments sowie Formen der berufsbezogenen Sprachförderung - eine Lernplattform zur Verfügung, mit deren Hilfe individuell die eigene fachsprachliche Kompetenz anhand von interaktiven Übungen online verbessert werden kann. Maßnahmen der persönlichen, ggf. auch psychologischen Begleitung unterstützen die Teilnehmenden darin, die Herausforderungen dieser intensiven Qualifizierungsmaßnahme erfolgreich zu absolvieren.

Projektbeurteilung
Die Anpassungsqualifizierung am UKE konnte sich, vom IQ-Netzwerk als Good Practice-Modell ausgezeichnet, in den letzten vier Jahren als ein erfolgreiches Instrument zur qualifizierten Fachkräftegewinnung und -sicherung in Hamburg und darüber hinaus etablieren. Die erarbeiteten Ansätze und Ergebnisse umfassen ein weitreichendes Modell der beruflichen, fachlichen und sprachlichen Akkulturation zur Integration von Fachkräften in den deutschen Arbeitsmarkt. Seine konzeptionelle Ausrichtung bietet die Option eines flächendeckenden Transfers, der nicht nur regionale Bedarfe, sondern überregionale Strukturen zu bedienen vermag und für das Land Hamburg 2020 pilotiert werden soll. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Anfragen politischer, behördlicher, beruflicher und gesundheitswirtschaftlicher Akteure ging dieses Qualifizierungsprogramm ab Jan. 2020 selbstfinanziert an den Markt. Es bedient bereits die Anforderungen des Pflegeberufegesetzes 2020.

Name des Krankenhauses
AnschriftUniversitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
Martinistraße 52
20251 Hamburg

Standort UKE-Akademie für Bildung und Karriere
Kollaustraße 67 – 69
22509 Hamburg
KlinikleitungÄrztlicher Direktor, Vorstandsvorsitzender
Prof. Dr. Burkhard Göke

Dekan, Vorstand
Prof. Dr. Dr. Uwe Koch-Gromus

Direktor für Patienten- und Pflegemanagement, Vorstand
Joachim Prölß

Kaufmännische Direktorin
Marya Verdel
Websitewww.uke.de
Ansprechpartner der MaßnahmeDoris Thömen-Suhr
Leitung Anpassungsqualifizierung für Gesundheitsberufe mit internationalen Berufsabschlüssen, Personal- und Curriculumentwicklung, HR
Telefon: +49 (0) 40 7410 - 56235
d.thoemen-suhr@uke.de
Struktur- und Leistungsdaten
Anzahl der Betten im gesamten Krankenhaus1.738
Fallzahlen des Krankenhauses/ Vollstationäre Fallzahl104.354
Studierende (nur Medizinstudierende)3.338
Ärztinnen/Ärzte insgesamt (inkl. Wissenschaftler2.926
Gesundheits- und (Kinder)Krankenpfleger/-innen und Therapeuten3.420
Projektmotivation / -vorbereitung

Ausgangslage

  • Das Anerkennungsgesetz - Kurzform für das „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ -, das am 1. April 2012 in Kraft getreten ist, eröffnete als Alternative zur Kenntnisprüfung (KP) bei der Anerkennung internationaler Berufsabschlüsse in Deutschland die Möglichkeit einer Anpassungsqualifizierung (APQ).
  • Im Rahmen einer ersten IQ-Förderperiode war die UKE-Akademie für Bildung und Karriere von 2012 bis 2014 als kooperierende Institution eines IQ-Projektpartners involviert. Der Start einer weiteren Förderperiode war Anlass dafür, um ein eigenes IQ-Teilprojekt mit autonomer Konzeption und neuen Rahmenbedingungen und weiteren Berufen zu entwickeln und umzusetzen.
  •  Schere zwischen dem Bedarf und den vorhandenen inländischen Berufsfachkräften klaffte vergleichsweise zu Beginn noch nicht in dem Maße wie derzeit, aber die Intention zur Schaffung einer strategischen, frühzeitigen Interventionsmaßnahme bestand damit frühzeitig.
  •  Ab Ende 2015/Beginn 2016 stiegen die Zahlen der Antragsteller exponentiell wie auch zunehmend die Fachkräftebedarfe.

Planungen im Vorfeld

  • Aufbau einer förderadäquaten Projektstruktur in der ABK und im UKE (z.B. Etablierung in der Drittmittelverwaltung, gesonderte Personal- und Sachkostenverwaltung)
  •  Aufbau eines interprofessionellen, hochqualifizierten Projektteams in Sonderfunktion (mit integrierter Sprachförderung).

Am Projekt beteiligte Berufsgruppen/Personen

  •  Leitungen sowie Fachexperten aus Theorie und Praxis der verschiedenen, in der APQ vertretenen Fachbereiche (insbes. Pflege)
  •  Externe Arbeitgeber (AG)/Einsatzbereiche und -felder
  • Beratungs-, Servicestellen
  •  Behörden/zuständige Stellen
  • IQ-Netzwerk.

Externe Projektförederung und Kooperationen

  • 2015-2018: Finanzierung im Rahmen des IQ-Netzwerkes.
  • 2019 bis voraussichtlich 2022: Fortsetzung des IQ-geförderten Programms nur noch für Physiotherapeut*innen 
  • Ab 2020 für Pflegeberufe: Finanzierung durch Arbeitgeber (für TN in Beschäftigungsverhältnissen) oder – für Teilnehmende/TN ohne AG – durch z.B. ein Stipendienprogramm. Weitere Finanzierungoptionen mit dem Ziel ggf. einer Regelförderung werden aktuell sondiert. Zudem werden die TN bei der Suche eines AG unterstützt.
Projektumsetzung

Ziele

  • Maßnahme zur Anerkennung noch nicht bzw. teilanerkannter internationaler Berufsabschlüsse im Gesundheitswesen
    • Schwerpunkte: Arbeitsmarktintegration im Sinne der sprachlichen, fachlichen und beruflichen Akkulturation.

Projektdauer

  • Seit 2015 IQ-Förderung (erst 3, dann 4 Berufsgruppen)
  • Seit 2020: Pflege selbstfinanziert.
Eingeführte Maßnahmen

Projektbeurteilung

  • Auswirkungen der Neuerungen auf die Berufsgruppen und das Klinikum
  • Fachkräftegewinnung
  • APQ als Instrument der Personalentwicklung/PE: Konfrontation und Auseinandersetzung mit Interkulturalität/ Fremdheit in den Teams.
  • Gesteuerte Berufsintegration von Fachkräften mit Migrations-, ggf. Fluchthintergrund.
  • Außenwahrnehmung der Klinik als Experte im Kontext Fachkräfteintegration.

Maßnahmen zur Evaluation / Evaluationsergebnisse

  • TN-Monitoring/Statistiken.
  • Engmaschige Feedbackstruktur mit den TN, Akteuren, Leitungen/Teams.
  • Ergebnisse: Berufsintegration braucht intensive, mehrdimensionale Betreuung der TN und Teams, damit hohes Engagement sowie zusätzliche Kapazitäten und Expertisen, häufig auch über den Abschluss der APQ hinaus.

Auswirkungen auf PatientInnen

  • TN mit Migrationshintergrund weisen häufig eine hohe Dienstleistungsbereitschaft auf.
  • Bei Sprachschwierigkeiten: manchmal zunächst Verunsicherung. Übernahme in die Regelversorgung
  • Verstetigung als Arbeitgeber-finanziertes Gesamtpacket für Pflegeberufe; weitere Regelfinanzierungsmöglichkeiten werden ausgelotet.

Rückblickend besonders erfolgreich/gelungen

  • Expertise gewonnen in kompetenzbezogener Berufsintegration und Akkulturation.
  • Schaffung eines Instrumentes zur Fachkräftegewinnung und -qualifizierung.
  • Gute Vernetzung auf regionaler und überregionaler Ebene.

Rückblickend anders machen

  • Punktuelle Entbürokratisierung bei Entscheidungen (bspw. zwischen Bundesbehörden/IQ und Klinik).
  • Ggf. frühzeitigere Einbindung der Ausländerbehörden.

Rückblickend größte Auswirkungen/Veränderungen

  • Erfolgreiches Multiplikatorenmodell: multidisziplinäres APQ-Team mit guten Netzwerkstrukturen und effizientem Multiplikatorensystem.
  • Teilnahme am (berufs-)politischen Diskurs zur Integration von internationalen Pflegekräften.
  • Fachexpertise für Anerkennung und berufliche Akkulturation von u.a. Pflegeberufen wird (über-)regional wahrgenommen.
  • Ggf. didaktisch-methodische Konzeption auch für die Regelausbildung nutzbar (insbes. i.R. des PflBG 2020).